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Flut der Diäten

Flut der Diäten - warum Individualität wichtig ist

Durch die dauernde Verfügbarkeit der meisten Lebensmittel bezahlt unsere Überflussgesellschaft einen hohen Preis. Darmprobleme, Übergewicht, Herz-Kreislauferkrankungen sind nur die Spitze des Eisbergs. Unsere Situation steht in krassem Widerspruch zu den  grassierenden Hungersnöten in südlichen Kontinenten wie Afrika und Asien.
Seit man weltweit bessere Ernten einbringt und die Nahrungsmittelindustrie auf Hochtouren läuft, ist es mit unserer Gesundheit nicht linear besser bestellt. Hungerzeiten sind zwar in unseren Breitengraden nicht mehr vorgekommen, aber vermehrt wird das Stichwort «Fehlernährung » hörbar. Vor allem in den USA machten sich solche Einseitigkeiten durch eine Zunahme von Krankheiten bemerkbar. Man suchte nach einem Sündenbock und fand ihn: das Fett. «Low-Fat» war nun die Devise und wurde flächendeckend gepusht mit dem Resultat, dass vor allem Herz-Kreislaufkrankheiten in die Höhe schnellten. Nach einigen Querelen fand man den neuen Übeltäter beim Zucker, der natürlich durch den tiefen Konsum von Fett automatisch in die Höhe schnellte. 2009 war dann ein YouTube-Video vom Kinderarzt Prof. Robert Lustig von der University of California («Zucker – die bittere Wahrheit») Auslöser für eine Trendwende. Die Antwort hiess: «Low-Carb». Tatsächlich konnte man zeigen, dass der Zuckerkonsum überdimensional zugenommen hat (innerhalb 50 Jahren verdreifacht!). Damals in Amerika 58 kg pro Jahr und pro Person, in Deutschland immerhin 36 kg, was bereits das Doppelte ist von dem, was die Deutsche Gesellschaft für Ernährung noch gutheissen kann.

In der darauffolgenden Zeit beobachtete ich, wie sich in der Wissenschaft das Forschungsinteresse auf verschiedene Fett-, Eiweiss- und Zuckerarten konzentrierte. In der Folge wurden die Ergebnisse vieler Studien dazu verwendet, verschiedene «Diätformen» zu untermauern. Und heute tummeln sich die unterschiedlichsten Ernährungskonzepte, die wohl alle etwas Gutes an sich haben. Jedoch führten diese «gut fundierten» Ernährungsweisen teilweise erneut wieder zu groben Einseitigkeiten, die von unserem Stoffwechsel gar nicht gut aufgenommen wurden. Man hörte Begriffe wie «Jo-Jo-Effekt», Übereiweissung, Fettstoffwechselstörungen, Verdauungsprobleme usw. Die Treiber dieser
Verirrungen waren häufig missverstandene oder unangepasste Ernährungsweisen und Zielvorstellungen.
Mir schien es oft wie ein Ringkampf mit dem eigenen Körper, den man mit entsprechenden Methoden zur «Vernunft» bringen will. Zusammen mit meiner Frau hatte ich mich ebenfalls zu einigen Experimenten hinreissen lassen und musste feststellen, dass sie total andere Erfahrungen machte als ich. Die Schilderungen meiner Patienten untermauerten meine Beobachtung ebenfalls. Daraus konnte ich einige
grundlegende Dinge lernen:

• Jede Diät dauert eine klar definierte Zeitspanne und steuert ein gewünschtes Ziel an (Eine Ausnahme kann der Zucker sein, der uns ja im Getreide, Gemüse und in den Früchten zur Verfügung steht. Wir brauchen also sonst nichts mehr Süsses!).
• Eine geregelte Darmfunktion gehört ebenso dazu, da wir nur von dem leben können, was wir auch verdauen.
• Die individuellen Bedürfnisse an verschiedenen «Fetten» und Eiweissen sind anhand der Lebensweise (Sport, Beruf, Stress ...) festzulegen.
• Das psychosoziale Umfeld muss unbedingt miteinbezogen werden, denn je nach Lebensumständen sind Anpassungen nötig (Alleinerziehende Mütter im Arbeitsprozess, vielreisende Personen, Medikamenteneinnahme etc.).

Mit diesen Abklärungen war es häufig möglich, individuelle Wege aufzuzeigen, die das «Diätziel» mit weniger Risiken erreichen liessen. Diese einleitenden Gedanken sollen aufzeigen, dass jede Ernährungsweise auch individuelle Züge braucht. Wenn mein Körper sich ganz anders verhält, als mir das erklärt wurde, sind gewisse Anpassungen unumgänglich. Ein Beispiel dazu: Beim Intervallfasten kann es sein, dass die ausbleibenden Abendmahlzeiten meinen Schlaf beeinträchtigen. Nun ist zu überlegen, wie sich das ausgleichen lässt. Wir sehen also, dass jede Beschreibung einer speziellen Ernährungsweise in der Praxis etwas anders erlebt wird und unter Umständen nicht stur durchgeführt werden kann. Dabei spielen vor allem spezielle Stressbelastungen, Medikamente und unregelmässige Arbeitszeiten eine Rolle.